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Die perlenden Weine von Conegliano-Valdobbiadene

Cartizze Weinberg

(c) Michael Ritter

Ein Besuch in der Heimat des Prosecco

Osteria senz' oste am Cartizze-Hügel

(c) Michael Ritter

Es war schon ein Schock für die italienischen Prosecco-Produzenten, als England im Juni für den Brexit stimmte und droht die EU zu verlassen, denn Großbritannien ist mittlerweile Hauptabnehmer des schäumenden Weins. Beim italienischen Agrarverband Coldiretti fürchtet man die damit verbundene dauerhafte Abwertung des Pfunds, der den Absatz verteuern und damit ernsthaft schädigen könnte”, fürchtet der Verband. Bisher hatte sich Sektliebhaber Deutschland lange den Spitzenplatz sichern können, doch in diesem Jahr legte Großbritannien mit einem Absatzplus von 38 Prozent zu - kaum zu toppen.

Einen Umsatz von rund 600 Millionen Euro hatte man prognostiziert, doch das könnte sich jetzt als Luftnummer erweisen. Dabei hatten einige Geschäftsleute durchaus ein Riesengeschäft gewittert und es dabei mit der Herkunft der Trauben nicht so ernst genommen. Doch die Nuclei Antisofisticazione e Sanità dei Carabinieri, eine Sondereinheit der Polizei, hat immer ein offenes Ohr und da hier jeder jeden kennt, haben die Fälscher schnell Besuch von einer Einsatztruppe, die bei Razzien schon über eine Million Flaschen des Spumante beschlagnahmt hat.

Unterwegs auf der ältesten Weinstraße Italiens

Strada del Prosecco

(c) Michael Ritter

Schade, dass es immer solche Trittbrettfahrer gibt, denn die Produzenten aus der Region nordöstlich von Venedig bringen tolle Produkte auf den Markt. Wenn im Spätherbst die vielgliedrige Hügellandschaft zwischen Conegliano und Valdobbiadene vielfarbig erstrahlt, sind viele Weinliebhaber unterwegs auf der ältesten Weinstraße Italiens, die die beiden Hauptorte des Prosecco miteinander verbindet. Zwar sind es nicht nur die Engländer und die Deutschen, die die Weißweintraube Glera als Schaumwein oder Spumante genießen, sondern Prosecco-Fans aus 90 Ländern ordern die Weine aus diesem abgelegenen Winkel Italiens.

Trotz dieses Ruhms verirren sich immer noch relativ wenig Touristen hierher. Unverständlich, denn Conegliano ist ein idealer Ausgangsort für Ausflüge zum Beispiel nach Venedig, Triest und Udine. Wer beim Venedig-Ausflug auf den eigenen Wagen verzichtet und stattdessen die im Stundentakt verkehrende Bahn nutzt, spart sich nicht nur Nerven bei der Parkplatzsuche, sondern auch eine Menge Geld. Außerdem bieten die Hotels von Conegliano ihren Service zu deutlich günstigeren Preisen an, als die Hoteliers Kollegen in der Lagunenstadt.

Vino in Villa und die Grafen von Collalto

Ninni di Collalto im Weinberg

(c) Michael Ritter

Etwas oberhalb von Susegana liegt das prächtige Castello San Salvatore, in dem alljährlich im April im herrschaftlichen Ambiente des Palazzo Odoardo mit Vino in Villa der neue Prosecco-Jahrgang von den Mitgliedern des Consorzio Tutela Prosecco Conegliano Valdobbiadene präsentiert wird. Besitzer des Schlosses sind die Grafen von Collalto und San Salvatore, die mit ihren Weingütern Collalto und Borgoluce erstklassigen Prosecco produzieren. Und nicht nur das. Ninni von Collalto hat auf 180 der über 1.200 Hektar ihrer Ländereien rings um das Schloss einen Bauernhof nicht nur mit Limousin und Charolais-Rindern, sondern auch mit Büffeln aufgebaut. Warum sollte Mozzarella di Buffala nur aus Kampanien schmecken, sagte sie sich und produziert eine breite Palette von Produkten aus Büffelmilch, die man sowohl in der hofeigenen Frasca, der alten Version eines Bauernladens an Tischen in uriger Atmosphäre verkosten kann oder in der etwas weiter in den Bergen gelegenen Osteria.

Zwischen den Weiden liegen ein paar Landhäuser, deren Zimmer sie vermietet und wer den natürlichen Swimmingpool mit den Seerosen sieht, versteht, dass der Erhalt der Natur ihr trotz aller wirtschaftlicher Zwänge wichtig ist. Ein idealer Ort für Ausflüge in die Umgebung.

Es gibt aber noch zahlreiche andere urige Wirtshäuser auf den Dörfern, die Hausmannskost anbieten. Ob Wildschwein-Ragout, Stockfisch nach Art von Vicenza oder hausgemachter Pasta, lecker sind sie meist alle und wenn die Saison Pilzgerichte auf der Speiskarte verzeichnet, sollte man diese unbedingt probieren. Dazu wird natürlich Prosecco serviert - offen und ungemein süffig aus dem Krug.

Mionettos il-Collection

(c) Michael Ritter

Steigende Nachfragen nach DOCG-Prosecco

Prosecco-Weinberge

(c) Michael Ritter

Oben in den besten Lagen, den steilen Hügeln ist die Weinbauregion eine DOCG, sorgt also für kontrollierte und garantierte Qualität, während im vorgelagerten Flachland nur DOC-Weine vermarktet werden dürfen. Als 2014 die Erntemenge im Hügelgebiet schlecht war, sollen einige schwarze Schafe ihre Weine umetikettiert und als hochwertigeres DOCG-Produkt verkauft haben. Nicht nur Deutschland hat übrigens immer mehr Durst auf Prosecco. Schon seit Jahren wächst der Absatz kontinuierlich um rund 20 Prozent. Auch der Wiesbadener Sekthersteller Henkel l ist mit der angekauften Sektkellerei Mionetto in Valdobbiadene aktiv.

Wenn man mittags auf der Terrasse eines der Lokale sitzt, wo der selbstproduzierte Wein ungefiltert ausgeschenkt wird, denkt man nicht an solche Marktfragen, sondern freut sich auf leckere Salsicce vom Bauernhof, lokalen Käse und luftgetrockneten Prosciutto. Valdobbiadene ist als westlicher Ausgangspunkt der Weinstraße und für den Abend locken Top-Restaurants wie das La Cima, da Tizio, da Lino, das Sternelokal La Corte oder das Al Caminetto mit einem Fischangebot der nahen Adria, köstlichen Fleisch und jeder Menge Pasta.

Zauberhafte Agriturismi und erstklassige Lokale

Boutiquehotel in den Weinbergen

(c) Michael Ritter

Übernachten kann man oft bequem in einem Agriturismo, den viele Weinbauern als zweites Standbein aufgebaut haben und der oft hohen Wohnkomfort bietet. Hotels gibt es in der Gegend weniger, doch sind darunter einige, wie das Hotel Astoria in Susegana, das Canon d'Oro mitten in Conegliano oder das Relais le Betulle oberhalb von Conegliano. Die Region ist auch schön für Wanderer und Fahrradfahrer, die nach ausgiebigem Genuss wieder etwas Gutes für ihren Körper tun wollen. Aber auch mit dem Auto kann man die Bergkuppen vor den Alpen erkunden. Weinreben ziehen sich dort auf kleinsten Flächen die steilsten Hänge hinauf. Die Weinarbeit verlangt bienenfleißige Winzer, doch die gibt es hier zum Glück genug.

Früher wurde Prosecco rund um die Welt eifrig kopiert. Man mag gar nicht an die zahllosen Perlweinexperimente deutscher Winzer denken, die alle mit einem verballhornten ...secco ihren Kunden Alternativen zur italienischen Konkurrenz bieten wollten. Inzwischen hat man dem einen Riegel vorgeschoben, der zumindest den Begriff Prosecco schützt. Seit 2010 ist dies eine regional geschützte Marke, die nur hier produziert und abgefüllt werden darf und auch der Export in Tankwagen oder die Vermarktung in Dosen konnte damit wirksam unterbunden werden. Von den rund drei Millionen Hektolitern, die in guten Jahren produziert werden, dürfen die Winzer 20 Prozent als Most in Reserve halten, um die Gärung später zu vollenden.

Hauptstrasse Conegliano

(c) Michael Ritter

Conegliano und die Vivarini

I Vivarini Ausstellung in Conegliano

(c) Michael Ritter

Die Vivarini sagen Ihnen nichts? Das ist bedauerlich, wundert aber angesichts der künstlerischen Stärke Venedigs nicht. Auch der gut 200 Jahre später geborene Antonio Vivaldi, der mit dem ersten der Vivarini-Dynastie nicht nur den Vornamen, sondern die erste Hälfte des Nachnamen teilt, geriet nach seinem Tod über Jahrhunderte in Vergessenheit, bis ab Beginn des letzten Jahrhunderts wiederentdeckt und entsprechend gewürdigt wurden. Wünschen würde man dies auch dem 1415 geborenen Antonio Vivarini und seiner Familie. Die gut komponierten und mit viel Liebe zum Detail gestalteten Werke des Zeitgenossen von Andrea Mantegna entstanden oft in Kooperation mit seinem deutschen Schwager Giovanni d'Alemagna und seinem jüngeren Bruder Bartolomeo Vivarini. Letzter Spross der Malerfamilie war Alvise Vivarini, der nach Antonios Tod dessen Werkstatt fortführte.

Hauptprodukt ihrer Werkstatt waren mehrteilige Altarbilder, Triptychen und Polyptychen, in prunkvollen, vergoldeten hölzernen Rahmen, die ihre Abnehmer außer in Venedig in den Städten hatten, die unter venezianischer Herrschaft standen, bzw. in denen Venedig Handelsstützpunkte unterhielt, vom Veneto, den Marken bis Istrien und Apulien. Bis in die 1470er Jahre hatte die Vivarini-Werkstatt praktisch ein Monopol für diese Art Altarbilder. Als im Frühjahr 2016 im Palazzo Sarcinelli in Conegliano erstmals eine Ausstellung über diese Venezianer Malerfamilie zwischen Gotik und Renaissance stattfand, bot dies eine gute Möglichkeit den Einfluss ihrer Zeitgenossen Mantegna, Donatello, Paolo Uccello und Antonello da Messina direkt zu verfolgen.

Ein ideales Quartier für Ausflüge ins Umland

Prosecco-Weinberge

(c) Michael Ritter

Neben Ausflügen nach Verona, Padua, Udine und Venedig bieten auch die nahen Dolomiten im Norden viel für Entdecker. Oft waren die Bergregionen Ort entsetzlicher Schlachten im Ersten Weltkrieg, bei denen sich die österreichisch-ungarische Monarchie mit den Italienern blutige Schlachten lieferten. Der mächtige Monte Grappa ist mit seinen 1742 Metern der höchste Berg der Vizentiner Alpen liegt zwischen Valdobbiadene und Bassano del Grappa. Bei den drei Piaveschlachten fanden dort oben tausende Soldaten den Tod.

Der Sentiero della Pace oder Friedenspfad folgt auf 500 Kilometern dem damaligen Frontverlauf und lohnt zum Beispiel mit der spektakulären Strada delle 52 Gallerie eine Wanderung, wo er teils an den steilen Felswänden entlang, teils in niedrigen Tunneln verläuft, die als Nachschubweg auf den Monte Pasubio gebaut wurden. Auf Schritt und Tritt sieht man dort den Wahnsinn und die Mühen des Kriegs, wenn beide Kriegsparteien Tunnel in den Kalk des Massivs getrieben haben.

Zu Besuch in den Dolomiten

Prosecco-Weinberge

(c) Michael Ritter

Bassano ist eine liebliche Alpenstadt in der die Alpini-Holzbrücke die aus den Bergen kommende Brenta überquert, an deren Ufern einige Kilometer weiter südlich bei Padua, einige der schönsten Renaissancevillen Palladios liegen. Neben den Erinnerungen an den Krieg denkt man dort aber auch sofort an die zahlreichen Grappa-Destillerien, die dort zu Hause sind wie Poli oder Nardini. Poli informiert in einem eigenen Museum über die Produktion und führt Besucher in 90 Minuten durch die Produktionsstätte. Über Feltre kann man hinüber ins weite schottrige vom Piave durchströmte Tal in die Provinzhauptstadt Belluno fahren. Biegt man bei der Weiterfahrt nach links ins Cadore ab, ist man im „Tal der Gelatieri“. So wurde es genannt, da von hier sie Mehrheit der italienischen Eisdielen-Besitzer in Deutschland stammt, die seit den 1920er Jahren auswanderten, um im Sommer Eis zu verkaufen und den Winter in ihrer Heimat zu verbringen. Es ist auch Heimat von Tizian, dem führenden venezianischen Maler des 16. Jahrhunderts.

Biegt man stattdessen nach rechts ab ist man schnell im zauberhaften Vittorio Veneto. Im Umfeld der Stadt fanden im Ersten Weltkrieg der letzte Kampf zwischen Österreich-Ungarn und Italien statt, der schließlich zum Waffenstillstand führte und als Inbegriff für Italiens Sieg im Ersten Weltkrieg gesehen wird. Entsprechend präsent ist das kleine Städtchen deshalb in den Herzen der Italiener bis heute. Von dort ist man sofort wieder im Gebiet des Prosecco.

Michael Ritter

Prosecco-Weinberge

(c) Michael Ritter