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Bordeaux - Weinvielfalt an Garonne und Dordogne

Die Garonne in Bordeaux

(c) Michael Ritter

Steht man in Bordeaux am Rande der Altstadt am Ufer der Garonne, kann es sein, dass man ein bisschen verwirrt ist. Liegt der Atlantik nicht knapp 50 Kilometer links von uns? Warum strömt das Wasser dann nach rechts ins Landesinnere? Catherine, unsere charmante Begleiterin bei diesem Einstieg in die Weinwelt von Bordeaux, klärt uns schnell auf. Bordeaux – der Name sei bereits Programm, denn der Ort liege am Rand des Wassers - genau genommen der Wässer, denn „eaux“ ist die Pluralform. Einige Kilometer flussabwärts vereine sich die Garonne dann mit der Dordogne zu Gironde, einem Ästuar und dem größten Mündungstrichter Europas. Der Name Gironde deute bereits darauf hin, was sich dort tagtäglich mehrmals abspielt – die Drehung der Flussrichtung des Wassers durch den Tidehub. Der sei, wie wir deutlich sehen können, keinesfalls nur auf die Gironde beschränkt, sondern sei auch weiter flussaufwärts in Garonne und Dordogne noch spürbar. „Entre deux mer“ - „zwischen zwei Meeren“ hieße deshalb auch das Weinbaugebiet südöstlich der Stadt zwischen den beiden breiten Flüssen.

Abendessen mit Winzern

Place de la Bourse in Bordeaux

(c) Michael Ritter

Zum ersten Abendessen treffen wir den Winzer Vicomte Loïc de Roquefeuil. Château de Castelneau liegt dort im Herzen der Appellation zwischen den Meeren. Seit 200 Jahren ist seine Familie schon im Weingeschäft tätig. Für seinen grundehrlichen trockenen Weißwein verwendet der Vicomte überwiegend Semillion. Einige Rebstöcke sind bereits über 130 Jahre alt. Den reduzierten Ertrag dieser schon vor der Reblausplage auf amerikanische Wurzelstöcke gepflanzten Veteranen lässt er meist in seine elegante Réserve einfließen. Auch sein Kollege Eric Gonfrier produziert zwischen den Flüssen trockene Weißweine unter der AOC Bordeaux Blanc. Seine Eltern waren Pied-noirs aus Algerien, die vor 50 Jahren nach der Unabhängigkeit des Landes in das französische Mutterland emigrierten. Zusammen mit seinem Bruder hat er über die Jahre das Weingut Château de Marsan ausgebaut und den Rebbesitz der Familie um einige weitere Anwesen in der Region auf stolze 350 Hektar ausgeweitet. Weißwein ist für ihn nur ein kleiner Teil des Geschäfts. Meist ist es Merlot und Cabernet Sauvignon, der dort wächst – und die positiven Beurteilungen der Fachleute einfährt.

Mittagessen im Château de Bonhoste

Mittagessen im Chateau

(c) Michael Ritter

Am nächsten Morgen fahren wir über die Garonne durch das Gebiet von Entre-deux-mer. Die größte Unterappellation für Bordeaux-Weine steht für trockene Weißweine, die auf den ton- und kieshaltigen Böden gut gedeihen. Sauvignon Blanc, Sémillon und Muscadelle sind hier die Hauptrebsorten. Die Weine sind meist deutlich leichter als im gegenüberliegenden Grave und passen ausgezeichnet zu Fischgerichten. Das Terroir ist geprägt durch große flache Weinberge und meist bescheidene Weingüter.

Unser Ziel ist das i der Familie Fournier in St. Jean de Blaignac an der Dordogne, wo uns Sohn Yannick erst einmal in den in den Kalkstein gegrabenen Weinkeller führt, wo einige der Schätze lagern. Als "Vignerons Indépendents" vermarkten sie ihre Weine selbst und setzen ihren Qualitätsanspruch konsequent um. Der Bordeaux AOC Rouge ist zu 100% im Stahltank ausgebaut und zeigt am Gaumen eine typische Cassisfrucht und gute Tannine. Der hohe Anteil an Merlot gibt ihm seine weiche Fülle. Das Bordeaux Supérieur Cuvée Prestige war ein großartiger Begleiter für die saftigen Steaks, die Yannicks tüchtige Schwester Sylvaine mit Hilfe der ganzen Familie servierte.

Medoc

Chateau Magaux

(c) Michael Ritter

Das Auf und Ab des Wassers hat auch die Landschaft geprägt. Auf dem linken Ufer der Gironde erstreckt sich das Weinanbaugebiet des Médoc, eine niedrig gelegene, sanft abfallende Landschaft mit Schotter- und Kiesböden, die sich wegen ihrer Durchlässigkeit erstklassig für den Weinbau eignen. Die besten Lagen sollen die sein, die „das Wasser sehen“ und von dem speziellen Mikroklima der Gironde partizipieren. Das Wasser reflektiert die Sonnenstrahlen und speichert die Wärme, ideale Bedingungen für die optimale Traubenreife. Die Anbaugebiete Margaux, Pauillac, Saint-Estèphe, Saint-Julien sind berühmt für ihre großen Weingüter, die hier alle – ob in einem Schloss oder in einem Schuppen untergebracht – den wohlklingenden Namen Chateau tragen dürfen. Für Château Margaux ist es ein Schloss, das hinter einer Baumallee auftaucht. Es ist neben Lafite, Latour, Mouton und Haut-Brion eines der fünf Premier Grand Cru-Ikonen des Medoc. Corinne Mentzelopoulos, Tochter eines griechischen Tycoons leitet heute die Geschicke des Hauses, bei denen schon der Zweitwein knapp 300 Euro, der 2008er Hauptwein über 1.000 Euro kostet. Der Empfang ist nett und freundlich, doch lädt man uns nicht zur Verkostung. Die gibt es ein paar Kilometer weiter in Richtung Bordeaux im Château La Lagune, dem südlichsten Weingut des Médoc, wo uns der robuste Kellermeister Jerome Juhe durch das moderne Weingut begleitet und anschließend seine Weine mit anderen Gewächsen des Medoc zum Vergleich stellt. Würzige, schwere Weine, teils von ausgezeichneter Qualität, die dann leider aber auch international so gefragt sind, dass sie preislich für viele Weinfreunde oberhalb der Schmerzgrenze liegen.

Côtes de Bourg und Côtes de Blaye

Cote de Blaye

(c) Michael Ritter

Das rechte Ufer wird geprägt durch eine wird Kalksteinwand, die Haute Gironde mit den Appellationen Côtes de Bourg und Côtes de Blaye. Während drüben im Médoc die große Weinwelt ein und aus geht, ist dies eher die „kleine Schwester“, die noch darauf wartet wachgeküsst zu werden. Zwar stammen auch von hier Bordeaux-Weine, die in die Welt verschifft wurden, doch ist es heute nur ein Siebtel des Weins, der europäische Weinfreunde erreicht. Das meiste wird regional und in Frankreich konsumiert.

Weinhandel in Bordeaux

Bar du Vin Bordeaux

(c) Michael Ritter

Bordeaux wird zu Recht eine Welthauptstadt des Weins genannt. Mit seinen mehr als 120.000 Hektar Weinbergen ist es die größte AOC des Landes. Entsprechend nobel residiert das Maison du Vin de Bordeaux mit seiner Weinschule in einem herrschaftlichen Gebäude im Herzen der Stadt. Unten lädt eine Weinbar zur Verkostung der vielfältigen Weinen des Bordelais ein. Der ideale Ort, um etwas über die Topographie, das Terroir und die wichtigsten Rebsorten zu erfahren. Programme, die neben Fachleuten auch der ambitionierte Weinfreund buchen kann. Mehr als die Hälfte der Produktion von Bordeaux entfällt auf die regionalen Appellationen Bordeaux und Bordeaux Supérieur, bei trockenem Weißwein liegt der Anteil sogar über 72 %. Durch die große Produktionsmenge der Châteaux ist ein leistungsfähiger Vertriebssystem lebensnotwendig, der meist über die in Bordeaux oder im nahen Libourne ansässigen Weinhändler oder (Négociants läuft. Kein schlechtes Geschäft, wenn man die prunkvollen Fassaden ihrer Häuser am Ufer der Garonne anschaut.

Caudalie Spa Bordeaux

(c) Michael Ritter

Von hier ist es nur ein Katzensprung flussabwärts ins Médoc und flussaufwärts in das Grave-Gebiet, wo sich berühmte Weingüter der Appellation Pessac-Léognan direkt ans Stadtgebiet anschließen. Die Châteaux Smith Haut Lafitte, Haut-Brion, Pape-Clément sind nur einige dieser weltbekannten Weingüter, deren Weine schon in der Subskription astronomische Preise erzielen. Genießer können sich übrigens bei Smith Haut Lafitte dem Wein auch anders nähern: mit der Caudalie Vinotherapie des Hotels Les Source de Caudalie. Dabei werden die Kräfte des Weins und der Thermalwassers geschickt kombiniert.

Pessac-Léognan

Mademoiselle Durant

(c) Michael Ritter



Weit weniger elitär als in den distinguierten Weinschlösser nebenan, geht es im kleinen Château Doms zu. Amelie Durant ist schon in fünfter Generation Weinmacherin der Familie, ein Geschäft, dass immer von der Mutter auf die Tochter überging. Die Weinberge erstrecken sich auf 28 Hektar rund um das ehemalige Kloster aus dem 17. Jahrhundert. Merlot und Cabernet Sauvignon stehen hier für den Rotwein, Semillion und Sauvignon Blanc für die schönen Weißweine. Amélie produziert dabei eine schöne Cuvée mit ihrem Namen aus 70 % Merlot und dem Rest Cabernet Sauvignon. Gut gefallen hat uns auch der Graves Weißwein aus 60 % Semillion und dem Rest Sauvignon Blanc und einige Weine andere Weingüter aus den beiden Appellationen.

Auf dem Weg nach St. Emilion

Petrus

Eine der teuersten Weinadressen der Welt: Chateau Pétrus. Nur rund 65 Barrique-Fässer werden jährlich abgefüllt. Kein Wunder, dass die schnell verkauft sind. Eine Flasche des 2006ers kostet im deutschen Handel knapp 2.000 Euro.

Die Fahrt zu unserem Ziel des nächsten Tags dauert etwas länger und lässt die Dimensionen des Weingebiets erahnen. Auf dem Weg zum gediegenen Château de Lussac, das einer der Unterappellationen von St. Emilion am hohen Nordufer der Dordogne ihren Namen gab, durchqueren wir auch das Gebiet von Pomerol. Obwohl der Name weltbekannt ist und der teuerste Bordeaux, der Château Pétrus hierher kommt, haben die Weine im Vergleich vom Médoc keine offizielle Klassifikation. Dass sie sich dennoch gut verkaufen lassen liegt an der Qualität und dem Geschick der Händler. Der Wein des Chateau stammt aus Merlot und Cabernet Sauvignon. Ein nicht nur Blaublütiges Powerbouquet, hochkonzentriert,mit viel Lakritze und Mocca. Jacques Guillot, der uns die Weine vorstellt, betreut Château de Lussac mit, denn es gehört zum nahen Château Franc Mayne.

Im Château la Bonnelle

Olivier Sulzer

(c) Michael Ritter

Olivier Sulzer, der Hausherr im beschaulichen Château la Bonnelle stellt in fünfter Generation einen Saint Emilion Grand Cru her. Ein reichhaltiger und gut ausbalancierter Wein mit einem angenehmen Bouquet und sanften Tanninen. Sulzer freut sich zwar über einen guten Absatz seiner Weine, doch kann er das Brimborium um den Wein nicht verstehen. „Die Herstellung einer Flasche Wein kostet nicht mehr als vielleicht 5 Euro“, sagt er „da ist das Geld für normalen Kosten bereits enthalten. Ob hier oder im Pomerol, Margaux oder einen der anderen hochpreisigen Weinbaugebiete.“ Dass einige der Weine dann für 1.000 Euro und mehr gekauft werden, ist für ihn nicht nachzuvollziehen. Man merkt es ihm an, dass er mit Herzblut an den Weinbau herangeht, seinen Merlot und Cabernet Franc liebevoll von Hand liest, sie selektioniert und seine Parzellen nicht in Monopoly-Manier einbringt. Den Wein, den er dabei herstellt, kann sich schmecken lassen. Körperreich, komplex, mit Aromen von roten Beeren, Kirschen und Vanille.

In Saint-Èmilion

Saint Emilion

(c) Michael Ritter

Das kleine Saint-Émilion ist ein Weintourismus-Ziel par excellence. Nett anzusehen mit seinen gepflegten Häusern in den engen Gassen und es darf nicht verwundern, dass es die UNESCO mitsamt der umgebenden Weinberge in ihre Liste des Weltkulturerbes aufnahm. Früher war der Ort auf halbem Weg zwischen Nordpol und Äquator ein wichtiges Pilgerziel auf dem Jakobsweg, heute sind es die Weinpilger die kommen, sich die aus dem Kalkstein herausgehauene Felsenkirche ansehen. Nicht nur den Kreuzgang des ehemaligen Franziskanerklosters haben sich inzwischen die Weinhändler in Beschlag genommen und es gibt fast nichts, was man an Spitzenweinen dort nicht bekommen kann – solange man zahlungskräftig genug ist. Das Geld liegt offenbar auf der Straße, denn kaum ein Gast verlässt das Örtchen ohne mindestens eine Flasche Wein erworben zu haben – der hier auch gerne mehr kosten darf als in Bordeaux oder Paris.

Fronsac

Fronsac

(c) Michael Ritter

In Fronsac, unserem nächstes Ziel, spürt man, dass diese einst wichtige Region des Qualitätsweinbaus den Anschluss an die großen Märkte der Welt irgendwie verpasst hat. Nur durch einen kleinen Nebenfluss der Dordogne vom elitär-teurem Pomerol getrennt, schätzten bis weit ins 19. Jahrhundert hinein Weinfreunde die hiesigen Weine besser als den Pomerol ein. Für alle Nicht-Statustrinker bleibt vom Besuch und der Verkostung festzuhalten: die schönen schweren Rotweine aus dem typischen Bordeaux-Mix sind nicht schlecht und kosten deutlich weniger als die ebenfalls nicht klassifizierten Weine aus Pomerol.

Cadillac

Chateau Dudon

(c) Michael Ritter

Quer durch das Gebiet von Entre-deux-mer geht es nach Baurech zum Château Dudon. Die AOC Cadillac-Côtes de Bordeaux liegt am Nordufer der Garonne auf halben Weg zum Süßweinparadies Sauternes. Nicht die angekündigte Marketingdame, sondern Jean Merlaut empfängt uns höchstpersönlich. Da kommen einem wieder die wenige Stunden zuvor von Olivier Sulzer gehörten Bemerkungen über die Preisgestaltung in den Sinn, denn Merlaut hat daran einen entscheidenden Anteil. Neben Dudon und einigen anderen Weingütern ist er nämlich auch Besitzer von Chateau Gruaud Larose. „Wein der Könige, König der Weine“ hatte im 18. Jahrhundert Abbe Gruaud seinen Wein aus St. Julien im Medoc beschrieben und nach wie vor hat der Wein einen sagenhaften Ruf bei Weinfreunden und läutete gerade einen Monat früher die „Preisfindung“ der Top-Gewächse ein – mit einem Plus zum Vorjahrspreis von knapp 15 Prozent . Eine Orientierung für Kollegen, die so den Rahmen für die eigenen Weine festgelegen konnten.





Monsieur Merlaut

Monsieur Merlaut bei der Fassprobe

(c) Michael Ritter

Merlaut doziert mit einem wissenden Lächeln auf der Terrasse des eher bescheidenen Anwesens über die Weine der Appelation. Die Sonne brennt trotz des späten Nachmittags unbarmherzig herab und erlaubt nur im Schatten volle Konzentration. Zur Weinprobe wandern wir weiter in den Keller an der Strasse, in dem unter anderen die sehr schöne Cuvée Jean-Baptiste DUDON Liquoreux lagert, ein Süßwein, der ähnlich den Sauternes ein enormes Alterungspotential besitzt. Ein Liebhaberwein. Der einfache Bordeaux Rouge und die Cuvée Jean-Baptiste DUDON aus 40 % Merlot und 60 % Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc sind dann eher die Weine, die bei einem wettbewerbsfähigen Preis durch eine ordentliche Qualität den Umsatz bringen. Damit es Weintrinker nicht so schwer haben die teuren Flaschen zum rechten Zeitpunkt zu öffnen, hat Merlaut ein Büchlein Vinitop geschrieben, in denen er für 6000 Bordeaux-Weine und -Jahrgänge sagt, ob der Wein noch warten kann, sein Optimum erreicht hat oder bereits over the top ist. Sicherlich sinnvoll für die teuren Flaschen und "Respekt!!", wenn Monsieur Merlaut es selbst recherchiert hat. ;-)